Genossenschaft

Das Jahr 12 ist von der UNO zum Jahr der Genossenschaften gemacht worden.

Heute traf ich Ulrich Wickert, ja, den bekannten ehemaligen Sprecher der „ tagesthemen“, oder so. Ich traf ihn auf der Seite „werte schaffen werte.  Er hat jetzt auch  noch ein Buch geschrieben. Ich mag den Mann. Wer mag ihn nicht. Er kommt immer so sympathisch und kompetent herüber und ja, auch als Schauspieler habe ich ihn schon gesehen. Die Frauen mögen ihn.

 Der Gedanke ist faszinierend: Was einer nicht schafft, das schaffen viele. Wir kennen das Prinzip der Solidarität. Ich bin heute alleine, möchte ein Häusle bauen, brauche Geld dafür und ich kann es mir leihen. Die Bausparkasse der Genossenschaftsbank steht dafür ein.

 Ulrich Wickert wirbt für den Gedanken der Genossenschaft. Werte schaffen, gemeinsam. Anderen helfen echte Werte zu schaffen. Ohne den vordergründigen Gedanken an Profit. Solidargemeinschaft. Weil wir in einer Demokratie leben. Alle Menschen sind gleich. Wie schön er das formuliert. Es ist so eingängig. Die Raiffeisenbank kann stolz sein einen so prominenten und kompetenten Sprecher für ihre Sache gefunden zu haben. Es sind ja nicht nur die Häuslebauer, nein, ein Handwerker braucht auch mal einen Kredit um seinen Betrieb zum Wohle aller weiterzuführen. Manchmal gibt es schwere Zeiten, da müssen alle solidarisch zusammenstehen.

 Da ist der Banker in unserer Filiale. Eine Raiffeisenbank. Ich habe Genossenschaftsanteile. Allerdings sind diese, gemessen an den Anteilen anderer Genossen sehr gering.

Der Banker sagt, er handle im Auftrage seiner Genossen. Er fühlt sich verantwortlich.  Das ist ihm hoch anzurechnen. Er handelt auch in meinem Interesse.

 Genossenschaftsbanken sind nach dem Gesetz für Genossenschaften geführt. Dieses gleicht dem Gesetz für Aktiengesellschaften. Manchmal sind diese Genossenschaften auch Aktiengesellschaften.

 Schaut man sich die Anteilsstrukturen der Genossenschaftsbanken in Deutschland an, so stellen wir fest: Der Handwerker im kleinen Städtchen, der treu zu seiner Genossenschaftsbank hält, der hat leider als Partner ein paar große Aktiengesellschaften an seiner Seite. Lediglich etwa 25 Prozent der Bank befindet sich in Streubesitz. D.h., drei Viertel des Bankenvermögens befindet sich in der Hand von anderen Banken, Aktiengesellschaften, Versicherungen usw.. Der Kleine Handwerker oder der Bauer fällt unter „Streubesitz“. Er wird mit seiner Stimme, und das Recht hat er ja, kein Gehör finden.

 Er wird also den Kurs der Bank nie mitbestimmen können, nicht mal ansatzweise. Dazu sind seine Anteile viel zu gering. Nicht mal alle Genossen der Stadt zusammen werden irgendwie auch nur ansatzweise den Kurs und das Verhalten „ihrer“ Bank vor Ort mitbestimmen können. Ihr Anteil am Gesamtvermögen oder Umlaufkapital der Genossenschaftsbank ist marginal.

Wenn also der Banker sagt, er handelt im Sinne der Genossen, so ist er richtig. Wenn er sagt, er handle im Sinne des Handwerkers, so ist das schlicht gelogen. Er hat nicht nur die Wirklichkeit etwas verzerrt, denn gerade er weiß genau woher er seine Weisungen bekommt: Vom Bankenvorstand, und der ist weit weg und weder für ihn noch für irgendeinen Handwerker der Stadt erreichbar.

 Dieser Bankenvorstand befriedigt die Bedürfnisse seiner Genossen: Er hat im Sinne seiner Aktionäre den höchstmöglichen Profit aus der Bank zu holen.

 In einer echten Genossenschaft sollten die Genossen wirklich gleichberechtigt sein. Es sollte nicht zugelassen werden, dass einer oder wenige durch ihre Anteile den Kurs der Gemeinschaft bestimmen und den Gedanken der Solidarität damit zerstören.

 Also, Herr Wickert, für was machen Sie da Werbung? Für Solidarität? Für Werte? Doch mehr für den ganz gewöhnlichen Kapitalismus mit seinen ganz gewöhnlichen Aktionären, die gewöhnlich nur ein gemeinsames Ziel haben:  Viel Profit.

Aber wie sagt schon Maxe von der Laderampe: Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht.


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